Red-Bull-Verfolger im Technik-Check: Mercedes mutiger als Ferrari (2024)

Mercedes spuckt leise Töne. Nach zwei Jahren mit nur einem Sieg, einem dritten und einem zweiten Platz im Gesamtklassem*nt, wollte der Serien-Weltmeister von früher bewusst keine großen Ansagen machen und Hoffnungen wecken, die man vielleicht nicht erfüllen kann. Nach einer kurzen Präsentation auf YouTube verschanzte sich das Werksteam im verregneten Silverstone, um die ersten Kilometer abzuspulen.

Um die Erwartungshaltung unter Kontrolle zu halten, rückte Mercedes vom üblichen Frage- und Antwortspiel zum neuen Auto ab. Es gab nur gefilterte Informationen. Mercedes stellte sich die Fragen selbst und geizte mit Fotos, die mehr verraten könnten, als man verraten wollte. Die Computeranimationen zeigten ein weitgehend schwarzes Auto vor schwarzem Hintergrund.

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Immerhin bringen die silberne Oberseite der Nase, die türkisgrünen Petronas-Streifen und das Ineos-Rot ein bisschen mehr Farbe ins Spiel als im letzten Jahr. Was ein Indiz dafür ist, dass die Ingenieure beim Einsparen von Gewicht gute Arbeit geleistet haben. Im letzten Jahr musste noch mehr Lack dran glauben.

Red-Bull-Verfolger im Technik-Check: Mercedes mutiger als Ferrari (15)

Mercedes

Mercedes scheint dem neuen W15 für die F1-Saison 2024 eine gelungene Diät verpasst zu haben. Es gibt weniger freie Carbon-Haut auf dem neuen Auto.

Zwischen Hoffen und Bangen

Mercedes trägt immer noch schwer mit dem Absturz nach acht glorreichen Jahren in die zweite Reihe. Das spiegelt sich praktisch in jeder Aussage: "Wenn es weh tut, vergisst man es nicht", beschreibt Teamchef Toto Wolff seinen Gemütszustand und den seiner Truppe.

Er spricht gebetsmühlenhaft von einem Mount Everest, den man besteigen müsse, um den Rückstand zu Klassenprimus Red Bull wettzumachen. "Wir müssen realistisch sein, was die Chancen angeht, ein Team zu schlagen, das allen anderen weit voraus war und das in den vergangenen beiden Jahren alles richtig gemacht hat, was uns leider nicht gelungen ist."

Deshalb der vorsichtige Wunsch: "Ich hoffe, dass wir zu Beginn der Saison vorne in der Verfolgergruppe sind und einen Schritt näher an Red Bull herankommen." Das ist das Mindestziel. Im Grunde müssen Teamchef, Technikdirektor und Fahrer das Gleiche im Visier haben wie Ferrari. Das bedeutet wieder Rennen zu gewinnen.

Red-Bull-Verfolger im Technik-Check: Mercedes mutiger als Ferrari (16)

Mercedes

Für Mercedes zählen in der Formel 1 nur WM-Titel und Grands-Prix-Siege.

Ein größeres Betriebsfenster

Lewis Hamilton will jedenfalls seine letzte Mercedes-Saison zu einer machen, an die sich alle erinnern. Und er zerstreut den Verdacht, dass er 2025 zu Ferrari geht, weil er vielleicht nicht mehr an sein altes Team glaubt: "Die Erkenntnisse der letzten beiden Jahre haben uns geholfen, unseren Kompass wiederzufinden. Wenn man sich im Auto nicht wohlfühlt, kann man nicht seine optimale Leistung abliefern. Ein stabileres und berechenbares Auto wird es uns ermöglichen, das Potenzial voll auszuschöpfen."

George Russell ergänzt: "Wir haben schon in den letzten Jahren Fortschritte bei einigen unangenehmen Eigenschaften des W14 gemacht. Aber wir hatten immer noch ein zu enges Betriebsfenster. Sobald wir uns außerhalb dieses Fensters bewegten, war das Auto schwer zu fahren."

Die Geschichte kommt einem bekannt vor. So oder so ähnlich haben sie auch die Ferrari-Piloten erzählt. Tatsächlich sitzen Mercedes und Ferrari im gleichen Boot. Die Ingenieure auf beiden Seiten mussten zuerst ihr launisches Rennauto verstehen und dann versuchen, ihm die Flausen auszutreiben. Der Wunsch der Fahrer war ihnen Befehl. "Wenn wir das Arbeitsfenster des Autos erweitern können, wird uns das Vertrauen geben. Dann ist es auch einfacher, Rundenzeit zu finden", verspricht Russell.

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Mercedes

Der Mercedes W15 soll einfacher zu fahren sein, als das Vorgängerauto aus der F1-Saison 2023.

Zwei Teams mit gleichen Problemen

Ferrari war da bereits einen Schritt weiter. Bei der Annäherung an den Red Bull haben die Italiener schon in der zweiten Saisonhälfte 2023 spürbare Fortschritte erzielt. Bei Mercedes war es eher ein Vor und Zurück. Mercedes-Technikchef James Allison bestätigt: "Der Hauptansatz bestand darin, die Schwächen des Vorjahresautos zu beheben. Wir hatten eine gute Vorstellung davon, was die Achillesferse war. Von da an ging es darum, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen der Arbeit an den Schwachstellen und dem Beibehalten der Dinge, die gut funktioniert haben."

Die Designabteilungen in Brackley und Maranello standen bei der Behebung der Defizite vor dem gleichen Problem. Der Querschnitt ihrer Chassis war quadratisch, das Getriebe unten zu breit, die Steuergeräte und seitlichen Crashstrukturen am falschen Ort. Die Hinterachse arbeitete mit Tellerfedern, die nicht so präzise zu dosieren sind wie die jetzt verwendeten Drehstabfedern. Beide Teams brauchten ein neues Chassis, ein neues Getriebe und eine neue Hinterachse, um sich die Freiheiten zu schaffen, die eine stabile und effiziente Aerodynamik verlangt.

Hamilton dürfte es freuen. Das co*ckpit rückte beim neuen W15 in Relation zur Vorderachse wieder zurück, was seinem Fahrgefühl entgegenkommt. Der Spielraum, den das Reglement beim Verschieben des co*ckpits gibt, liegt bei zehn Zentimetern. Ein zweites individuelles Problem bei Mercedes waren die Boxenstopps, die denen von Red Bull im Schnitt um drei bis vier Zehntel hinterherhinkten. Da wurde viel an den Radnaben und dem Sicherungsmechanismus gearbeitet.

Red-Bull-Verfolger im Technik-Check: Mercedes mutiger als Ferrari (18)

Mercedes

Mercedes verlor bei den Boxenstopps zwischen drei und vier Zehntelsekunden auf die besten der Formel 1.

Warum sehen alle aus wie Red Bull?

Allison gibt zu, dass der nötige Umbau des Fahrzeuggrundrisses ein echter Kraftakt war: "Der Kostendeckel zwingt dich dazu, dir deine Schlachtfelder auszusuchen. Ein neues Chassis und Getriebegehäuse sind zwei Projekte, die einen Großteil unserer verfügbaren Ressourcen in Anspruch nehmen. Deshalb haben wir in anderen Bereichen nicht versucht, das Rad neu zu erfinden."

Der neue Mercedes W15 soll wie der Ferrari SF-24 wieder ein Freund der Fahrer werden. Berechenbarkeit ist hauptsächlich eine Funktion der Aerodynamik. Die Aufhängungen spielen insofern eine Rolle, weil sie dafür sorgen müssen, das Auto in jedem Fahrzustand in einer Position optimaler Anströmung zu halten – ohne den Fahrkomfort ganz aufzugeben.

Vor dieser Aufgabenstellung sieht ein Auto der Ground-Effect-Ära dann am Ende so ähnlich aus wie ein Red Bull RB19. Die Nasen docken alle am ersten Flap statt am Hauptblatt an. Die oberen Querlenker der Vorderachse liegen auf einer Linie mit den Kühleinlässen. Die Seitenkästen sind stark unterschnitten und laufen in Form einer Rampe Richtung Boden hin aus. Mit dieser Anordnung können sich die Aerodynamiker bei den vorderen Venturi-Kanälen besser austoben.

Unter der Airbox verbreitert sich die Motorabdeckung zu einem Plateau, um den Großteil der heißen Luft im Heck austreten zu lassen. Das hält die Zahl der Kiemen in der Seitenverkleidung klein. Der Heckflügel sitzt bei mittlerweile fast allen Autos auf einer Stütze.

Red-Bull-Verfolger im Technik-Check: Mercedes mutiger als Ferrari (19)

Ferrari

Auch der neue Ferrari SF-24 ähnelt mehr einem Red Bull.

Das eigene Gesicht des Mercedes

Während sich Ferrari bei seinem ersten Versuch noch nicht sehr weit aus dem Fenster gelehnt hat, weist der Mercedes W15 diverse eigenständige Designdetails auf. Der Frontflügel hat eine komplett neue Geometrie. Kein anderer hat einen so riesigen ersten Flap, kein anderer eine so große Spalte zwischen diesem erstem und dem zweiten Flap, und kein anderer schneidet den dritten Flap in der Mitte ab, sodass er nicht an der Nase andockt.

Die Kühleinlässe haben die Form eines Ohres. Sie verzichten auf den unteren Vorbau, worauf man schließen kann, dass die obere seitliche Crashstruktur in den oberen Rand der Seitenkästen gewandert ist. Ein Teil der Querlenker ist konvex gebogen. Das Gegenteil vom Red Bull und Aston Martin also.

Die Seitenkästen ducken sich in einer Linie Richtung Boden und wirken schmaler als bei der Konkurrenz. Oben fehlt die Rinne, die bei Aston Martin oder bei Alpine so stark ausgeprägt ist. Der starke Undercut im vorderen Bereich der Seitenteile sorgt auf der Unterseite für einen Tunnel, der auf der Bodenplatte extrem viel Platz bis zur Verkleidung lässt

Laut Allison findet die wahre Schlacht im unsichtbaren Bereich unter dem Auto statt. Da hat sich fast alles geändert, was die aufwendig gestaltete Oberseite der vorderen Venturi-Kanäle und die sechs unterschiedlichen Slots an der Bodenkante vermuten lassen. Weil die schwarzen Autos im letzten Jahr auf den Geraden so flügellahm waren, reduzierte Mercedes in vielen Bereichen den Luftwiderstand und legte eine neue Heckflügelfamilie auf Kiel.

Der Technikchef beschreibt die Tage vor dem ersten Test so: "Es ist wie das Warten auf Weihnachten. Man möchte, dass es endlich soweit ist. Auch wenn das Öffnen der Geschenke nicht immer alles bringt, was man sich wünscht." Toto Wolff will nichts davon wissen. "Wir hassen es zu verlieren, und das treibt uns an."

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Author: Corie Satterfield

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