Zürich: Umstrittene Monster-Trucks kommen ins Hallenstadion (2024)

In Hamburg musste eine Show abgebrochen werden. Für die Veranstalter kein Grund, das Spektakel im Hallenstadion abzusagen.

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Der «Megalodon» ist 5,5 Tonnen schwer, macht mit seinen 1500 PS einen Höllenlärm und kann auf zwei Rädern fahren. Wenn der überdimensionale Geländewagen in Hai-Optik an einem «Monster Jam» ins Stadion einfährt und durch die Ecken schleudert, stossen die Zuschauer Jubelschreie aus.

Monster-Truck-Shows sind etwas sehr Amerikanisches. In den USA stimmt das Publikum die Nationalhymne an, bevor die Motore aufheulen. Doch auch in Europa haben die Shows eine grosse Fangemeinde, obwohl das Zelebrieren von methanolgetriebener Kraftmeierei und qualmenden Auspuffrohren so gar nicht dem Zeitgeist entspricht.

Die Trucks walzen mit Lust Autos platt, vollführen Rückwärtssalti und rasen mit Geschwindigkeiten von bis zu 110 Kilometern pro Stunde über die Offroad-Strecke. Vier Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer wollen das jedes Jahr sehen.

Nun sollen der «Megalodon» und seine Gefährten – sie tragen Namen wie «Grave Digger», «El Toro Loco» oder «Alien Invasion» – nach Zürich kommen: Am Wochenende vom 20.April sind insgesamt vier Shows im Hallenstadion angekündigt. Angepriesen werden sie als «Motorsporterlebnis für die ganze Familie», Babys auf dem Schoss der Eltern dürfen gratis mit.

Ganz unproblematisch scheinen die Shows aber nicht zu sein. In Hamburg ist es am letzten Wochenende zu einem Zwischenfall gekommen: Die Show wurde abgebrochen, nachdem in der Halle zu hohe Abgaswerte festgestellt worden waren. Ein elfjähriger Bub musste wegen einer Kohlenmonoxidvergiftung ins Spital gebracht werden. Zwei weitere geplante Veranstaltungen in Hamburg wurden abgesagt.

In den letzten Jahren ist es in Monster-Truck-Shows zudem zu zahlreichen Unfällen gekommen. 2014 wurden in den Niederlanden bei einer Veranstaltung im Freien drei Menschen getötet und rund zwei Dutzend zum Teil schwer verletzt. Ein Truck war zuerst als Element der Show über einige Autos gerollt, danach flog er aus der Kurve, rammte ein Absperrgitter und fuhr in die Zuschauermenge. Ein Jahr zuvor war in Mexiko ein Monster-Truck eine Tribüne hinaufgerollt, neun Personen kamen dabei ums Leben.

Auch solch schwere Unfälle können der Beliebtheit dieser Shows wenig anhaben. In Zürich war die Nachfrage so gross, dass die Veranstalterin Good News einen zusätzlichen Termin organisierte.

Der grüne Gemeinderat und Klimaaktivist Dominik Waser kann darüber nur den Kopf schütteln. «Diese Shows sind gefährlich, und es werden offensichtlich sehr viele Abgase ausgestossen», sagt er. Ein Verbot findet er zwar wenig sinnvoll, «wir haben grössere Probleme». Doch es müssten unbedingt Vorkehrungen getroffen werden, um die Gesundheit der Anwesenden im Hallenstadion nicht zu gefährden.

Können die Shows in Zürich unter diesen Voraussetzungen stattfinden? Die SRF-Sendung «Schweiz aktuell» spekulierte, sie stünden auf der Kippe. Doch die lokale Veranstalterin Good News will offenbar nicht darauf verzichten. Auf Anfrage der NZZ verweist sie auf eine offizielle Stellungnahme von Feld Motor Sports, dem Unternehmen, das die «Monster Jams» produziert und in Europa weitere Shows in München und Berlin durchführen will.

Zum Vorfall in Hamburg äussert sich Feld Motor Sports nur knapp. Die Absage der Veranstaltung sei «bedauerlich» gewesen, und man hoffe, bald dorthin zurückkehren zu können.

Weiter schreibt das Unternehmen: «Wir führen unsere eigenen unabhängigen Messungen neben denen durch, die von lokalen Behörden überwacht werden, um sicherzustellen, dass wir innerhalb der lokalen Anforderungen liegen.» Die Shows würden nach höchsten Standards durchgeführt. Die Sicherheit von Fans, Fahrerinnen und Fahrern sowie Mitarbeitenden habe immer höchste Priorität. Deshalb werden in den Stadien jeweils die vordersten Zuschauerreihen gesperrt.

Klar ist: Auch nach dem Vorfall in Hamburg bleibt die Nachfrage nach den Shows in Zürich gross. Wie Good News gegenüber der NZZ sagt, sind zwei Anlässe bereits ausverkauft – und die anderen beiden «gut gebucht».

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